Bericht sechs aus China vom 30. August 2020. Geschrieben von Michael.
Beijing, Sontag Nachmittag, Ascott Raffles an der Second Ring Road.
Jetzt gehe ich seit zwei Wochen „ganz normal“ zur Arbeit. Ein guter Zeitpunkt, um ein paar Eindrücke von den ersten Arbeitstagen zu berichten, auch wenn der Blog sich im Schwerpunkt eher um das Leben in Peking und China und weniger um die Arbeit drehen wird.
An meinem ersten Arbeitstag bin ich von meinem direkten Kollegen und den Team- und Gruppenleitern mit einem wunderschönen Blumenstrauß begrüßt worden (Foto).

Am Eingang zum Treppenhaus in das Gebäude des Testcenters liegt ein knallroter Fußabtreter-Teppich mit der Aufschrift „Welcome“ (Foto).

Ich weiß nicht, ob der Fußabtreter immer da liegt oder für mich ausgelegt wurde, aber ich freue mich und fühle mich willkommen. Und in der Tat geben mir meine neuen Kollegen das Gefühl willkommen zu sein. Natürlich ist die Sprachbarriere bei vielen Kollegen hoch, aber alle bemühen sich, mit mir zu kommunizieren. Ich zeige mein Goodwill, indem ich die paar chinesischen Worte, die ich kann, zum Besten gebe. Die Aussprache ist das wichtigste und da ist wohl noch Raum für Verbesserungen…
Ein paar Worte dazu, wo ich arbeiten gehe: Die Firma BFDA ist eine Gemeinschaftsfirma von Daimler mit einer großen chinesischen Staatsfirma namens FOTON. BFDA steht für „Beijing Foton Daimler Automotive“ (siehe Foto).

BFDA produziert rund 100.000 schwere LKW im Jahr, vornehmlich für den chinesischen Heimatmarkt. BFDA liegt in Huairou, ca. 50 km entfernt vom Pekinger Stadtzentrum entfernt. Trotz der Entfernung gehört Huairou noch zu Peking. Auf dem Firmengelände (siehe Abbildung, ich habe ein öffentliches Luftfoto von Apple Maps verwendet) befindet sich das Hauptgebäude, eine Motorenfabrik und eine Fahrzeugfabrik. Die Fahrzeugfabrik – obwohl noch gar nicht so alt — wird bald abgerissen, da das Gelände, auf der sie steht, an die Regierung zurückgegeben wird.

Eine neue Fabrik steht ein paar Kilometer weiter und ist schon in Betrieb. Außerdem gibt es drei große Gebäude, die als „Testcenter“ gebaut wurden. Diese sind extrem großzügig dimensioniert, so dass da die „Testcenter“-Gebäude demnächst nicht nur Testing, sondern die gesamte Entwicklung beherbergen werden. Das ist wohl bei Bauprojekten in China durchaus häufig anzutreffen: Es wird eher großzügig geplant, ggfs. mit dem Zusatz „for future use“.

Am Dienstag Abend bin ich von den anderen „Directors“ in der Entwicklung zum Abendessen eingeladen worden. Es war ein sehr schöner Abend. Wie häufig im ostasiatischen Raum hatten wir einen abgeschlossenen Raum für uns, der genau Platz für eine Essensgesellschaft bietet. Das Essen ist reichlich und steht auf einer Drehplatte in der Mitte des Tisches, so dass jeder nehmen kann, was er möchte. Das Essen war gut. Dazu wird gerne Baijiu, der chinesischen Schnaps, getrunken. Dieser ist sehr stark und in allen Preisklassen verfügbar. Und er wird reichlich genossen. Ich war schon am Vormittag nach meiner Meinung zu Schnaps gefragt worden. Ich mag Schnaps nicht besonders. So habe ich beim allgemeinen Zuprosten und Glaäer leeren an meinem Schnapsglas genippt und mich eher an das Bierangebot gehalten. Die Chinesen neigen dazu ihre Schnapsgläser in einem Zug zu leeren. Die Feier hat eine gewisse Dynamik erhalten, als sich herausstellte, dass in zwei weiteren Räumen des Restaurants weitere BFDA-Gruppen tafelten. Die Gruppen haben sich gegenseitig „besucht“. Eine der anderen Gruppen (oder beide?) hatten lokale Spezialbiere in transparenten 2-Liter-Plastikbeuteln dabei. Die Verpackung mag etwas gewöhnungsbedürftig sein, der Inhalt war es nicht: Mir hat das Bier gut geschmeckt. Irgendwie war man der Meinung, dass ich als Deutscher ja „Bier wie Wasser“ trinke. So durfte ich mit zahlreichen Kollegen mein Bierglas leeren.
Mein Terminplan ist vom ersten Tag an recht dicht geplant: Die Kollegen integrieren mich sofort in die inhaltliche Arbeit. Gleichzeitig sieht HR für mich einen sogenannten Trainingsplan vor, der daraus besteht, dass mir Kollegen aus vielen verschiedenen Bereichen ihre Aufgaben und die Anforderungen vorstellen. Ich selber habe das Bedürfnis und sehe die Notwendigkeit, unser Testcenter und die ganzen Kollegen so schnell wie möglich kennenzulernen. Außerdem müssen mein direkter Kollege und ich uns einen Plan zu recht legen, wie wir die Aufgaben im Testing verteilen. Und zum Schluss der Aufzählung und am Anfang der Arbeit muss ich dafür sorgen, dass die ganze Infrastruktur um mich herum funktioniert: Laptop, Handy, Drucker, Dienstwagen, Fahrer, Zutrittsberechtigungen etc. Bisher kann ich sagen: funktioniert gut.
Ich bin gespannt auf die Herausforderungen auf der Arbeit.
Am Ende der zweiten Woche, letzten Freitag, gab es eine Feier bei BFDA: „Rising the flag“. Zum Gründungstag bzw. Geburtstag der Firma am 28.08 wurde eine kleine Feier gehalten. Auf dem Hof vor dem Haupteingang versammelten sich verschiedene Mitarbeiter des Unternehmens. Es gab eine kurze Ansprache und anschließend wurden Flaggen gehisst: in der Mitte die chinesische Flagge, links daneben die deutsche Fahne und außen eine Fahne mit Daimler Schriftzug. Neben der chinesischen Fahne die Fahne der chinesischen Mutterfirma Foton und ganz rechts außen eine Fahne mit BFDA-Schriftzug. Die Teilnehmer der Feierstunde – oder besser Feier-Viertelstunde – wurden gebeten das BFDA-Uniformhemd zu tragen. Da alle Führungskräfte ab „Director“ aufwärts eingeladen waren, haben mir meine Kollegen also ein paar Tage vorher ein Uniformhemd verpasst (Foto).

Bei der Bestellung wollte ich als Größe XL eingeben. Meine Kollegen haben gelacht und mir 4XL empfohlen. Ich habe mich über XXL auf 3XL hochhandeln lassen und wir haben 3XL bestellt. Ich glaube, 4XL wäre auch gut gewesen 🙂 . Chinesische Größen sind manchmal anders.
Ich bin gespannt auf alles, was anders ist,
bleibt wie ihr seid,
liebe Grüße
Michael
Hi Michael — freue mich wirklich über jeden Eurer Berichte! Alles Gute und Grüße an alle.
— Joachim.
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