Urlaub!

Bericht 18 vom 15. April 2021, geschrieben in Peking von Simone.

China ist groß und in China gibt es viele Menschen. So weit, so klar. Was das auf Reisen heißt – war uns nicht so klar. Es bedeutet nämlich, dass wir 1000 Kilometer fliegen und immer noch nicht wirklich weit in China herumkommen… und dass die chinesische reisefreudige Mittelschicht schlichtweg Menschenmassen an den touristischen Highlights bedeuten.

In den Osterferien haben wir unsere erste (kleine) Rundreise in China unternommen. Wegen den Reisebeschränkungen durch Corona hatten wir uns bislang nur im näheren Umkreis von Peking bewegt. Jetzt haben wir die alte Kaiserstadt Xi`an samt Terrakotta-Armee besucht, danach die Avatar-Berge und zum Abschluss einen Tag in der angeblich schönsten Stadt Chinas verbracht, der Phoenix-Stadt Fenghuang.

(für uns ohne Abstecher nach Shanghai)

Die Terrakotta-Armee

Die weltberühmte Terrakotta-Armee – oder: Traurig, was bleibt

Von der Terrakotta-Armee hat man überall auf der Welt schon gehört. Und ja, sie ist beeindruckend. Die Krieger sind schön. So individuell! Groß, klein, dick, dünn, fröhlich,, freundlich, nachdenklich, undurchsichtig… Jeder Krieger eine andere Persönlichkeit. Aber dennoch lag für uns eine große Traurigkeit über dem Gelände. Denn wie kann es eigentlich sein, dass die Terrakotta-Armee erst vor knapp 50 Jahren zufällig entdeckt wurde? Über 2000 Jahre standen tausende wunderschöne Lehm-Kriegern in einer unterirdischen Anlage und weder die Menschen der Umgebung noch die Geschichtsschreiber in den Kaiserfamilien erzählen sich die Geschichte der gigantischen Unterwelt? Bei Brunnenbauarbeiten wurde 1974 die Armee (und die sie umgebenden rund 80 weiteren Fundstellen der unterirdischen Welt) per Zufall entdeckt. Unsere Reiseführerin erklärte uns, dass die 700.000 Arbeiter nach vollbrachtem Werk (oder nach dem Tod des Kaisers, denn vielleicht ist die Welt gar nicht fertig) alle umgebracht wurden. Aus Aberglaube? Als Opfergabe? Als Strafe? Aus Solidarität? Um das Werk geheim zu halten? Wir wissen es nicht.
Wer lässt so eine gigantische Anlage für einen Toten erbauen – zu Lasten der Lebenden? Bei allem Respekt vor Glaube, Ritualen, Kaisertum, was auch immer – das ist Wahnsinn. Und doch ist die Terrakotta-Armee das, was bis heute überdauert hat, was Millionen von Besuchern anlockt, was auf aller Welt bekannt ist.

Die alte Kaiserstadt Xi `an

Vor Peking war lange Zeit Xi`an die Kaiserstadt Chinas. Heute ist es ein so lebendiger, quirliger Touristenmagnet, dass Peking fast verschlafen dagegen wirkt. Tempel, Türme, Pagoden, die 13 Kilometer lange Stadtmauer, auf der man Fahrrad fahren kann… das muslimische Viertel bei Tag und Nacht… und am allerschönsten die nächtliche Beleuchtung rund um die Große Pagode. Gigantisch.

Das Himmelstor Tianmen Sha

Wir haben unsere Reise selbst organisiert, und das ist insofern bemerkenswert, als die chinesische Art des Reisens (wie wir es ja bei den Asiaten in Europa häufig sehen) ein Reisen in der geführten Gruppe ist. Selbst in den Bergen sind die allermeisten mit Reiseführer unterwegs. Außerdem gibt es so etwas wie einen Kanon, was man gesehen haben muss. Eine Liste der Sehenswürdigkeiten, die man abhakt. Und die Sehenswürdigkeiten sind alle hergerichtet – auch die Berge sind nicht frei und wild, sondern eingerichtet und mit Höhepunkten ausgestattet.

Zum Beispiel der Berg Tianmen, das Himmelstor. Das ist ein Berg mit Hochplateau und atemberaubender Aussicht, zudem gesegnet mit einem riesigen Felsbogen, der aussieht wie der Eingang in den Himmel. Ein wunderschöner Ort. Hinauf führt eine idyllische Straße entlang der Flanken mit 99 Kurven – sie schlängelt sich wie ein Drache den Berg hinauf. Und die letzten paar hundert Meter führen 999 Treppenstufen zum Himmelstor. Sie sind so steil, dass man schon vom Hinabsteigen Muskelkater bekommt. Wer sie hochsteigt, hat wirklich den Zutritt in den Himmel verdient.

Nun ist die Gegend wolkenreich und an den steilen Bergen wehen die Wolkenfetzen regelmäßig über die Kämme. Ein eindrucksvolles Naturschauspiel. Auf den Berg muss man kommen, klar, also wurde die längste Seilbahn der Welt dafür gebaut (nur einer der Superlative, an denen wir im Urlaub vorbeikamen). In Achtergondeln schwebt man dem Himmelstor entgegen. Die Wege an den Felsrändern entlang müssen natürlich gesichert sein, also wurden viele Kilometer Geländer in hübscher Ast-Optik verbaut. Bäume auf dem Weg durften bleiben und wurden umbaut. Um es noch ein bisschen spannender zu machen, gibt es Wege mit Glasboden, luftige Brücken mit Trittgitter, Galerien über dem Abgrund. Von der Seilbahn zum Himmelstor führen ungefähr 10 lange unterirdische Rolltreppen den Berg hinab. An jedem Anfang und Ende steht Personal und weist freundlich den Weg. Die Schwelle im Himmelstor ist aus Messing und wird geschützt von Löwen. Das Himmelstor selbst haben sie allerdings verhunzt, anders kann man es nicht sagen. Hässliche Betonpfeiler, dreckige Glasdächer, eine Fläche in Baustellen-Optik. So sieht der Himmel garantiert nicht aus.

Wir haben einen eindrucksvollen Tag auf dem Tianmen Shan verbracht. Die Stadt am Fuße des Berges ist das Gegenstück zur schönen Naur, und hier sieht man mehr vom aufstrebenden China, das noch aus der Armut kommt. Viele kleine vermüllte Werkstätten und Kleinbetriebe, laut knatternde und stinkende Minilaster. Das gibt es in Peking auch, aber mal ein bisschen davon. In Zhangjajie sieht es fast überall so aus.

Auf unserer dreistündigen Busfahrt zu unserem nächsten Reiseziel haben wir dann allerdings die großen Häuser der Landbevölkerung gesehen. Keiner der Orte sah arm aus. Das hatten wir uns auch nicht so vorgestellt.

Es gibt übrigens ein tolles Video von einem Rennfahrer, der die 999 Stufen hochfahren will… die Aufnahmen der Gegend sind sehenswert:

Die Avatar-Berge

Diese Landschaft wirkt wie aus dem Film, und wer Avatar gesehen hat, dem kommen diese Berge sehr vertraut vor. Sie dienten als Vorlage für die fliegenden Berge.

Fenghuang

Bilder sagen mehr als 1000 Worte… daher schließe ich an dieser Stelle und wünsche mir von ganzem Herzen, dass Urlaub bald wieder für alle ganz normal ist. Wir verfolgen den Impffortschritt und sind guter Hoffnung.

In diesem Sinne, passt gut auf euch auf!
Simone

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