Lockdown light

Bericht 39 vom 9. Mai 2022, geschrieben von Simone.

Zuerst war es ein Corona-Test alle zwei Tage. Dann jeden Tag. Als nächstes wurden die Restaurants geschlossen und nur noch Take-Away und Lieferung erlaubt.

Restaurants sind geschlossen, nur noch Take-Away

Dann waren alle Geschäfte zu, bis auf Supermärkte und andere Läden für den täglichen Bedarf. Seit gestern müssen alle Bewohner unseres Stadtteils Chaoyang (der etwa soviel Einwohner hat wie Berlin) im Homeoffice arbeiten. Und seit heute sind auch die großen Parks geschlossen.

Puh. Jetzt bleibt wirklich nicht mehr viel.

Immerhin dürfen wir unser Haus, unseren Compound, unsere Straße verlassen. In anderen Stadtteilen Pekings sind wir allerdings nicht mehr gern gesehen… wir mögen Chaoyang möglichst nicht verlassen, hieß es.

Es fühlt sich zur Zeit an wie in Deutschland vor 2 Jahren, als die Schulen zum ersten Mal schlossen und immer mehr Restriktionen folgten. Auch da holten wir uns beim Amt die Erlaubnis, von Stuttgart nach Aachen fahren zu dürfen, um Michaels Mutter zu besuchen.

Jetzt arbeiten wir wieder alle fünf von zu Hause aus. Die Schule beginnt um 7.55 Uhr, die Kinder sitzen in ihren Zimmern am Computer, Michael im Wohnzimmer und ich im eigentlichen Gästezimmer, aus dem wir vor einer Woche das Gästebett rausgetragen und ein Regal für meine Ordner und Bücher reingestellt haben. Um 1 gibt es Essen, um 2 geht es weiter mit dem Unterricht. Irgendwann zwischendurch gehen wir zum Coronatest. Seit drei Tagen müssen wir dafür raus aus unserem Compound, etwa 500 Meter weiter. Anstehen mussten wir bisher maximal wenige Minuten, meist kamen wir direkt dran.

Unsere Corona-Teststation. So sieht es immer aus – keine Warteschlangen

Es gibt hier übrigens nur PCR-Tests, Schnelltests waren bis vor kurzem nicht erhältlich und machen auch jetzt keinen Sinn, weil man das Ergebnis in der Corona-App braucht. Kosten pro Test: wenn angeordnet wie jetzt, dann ist der Test kostenlos. Sonst zahlen wir etwa 2 Euro pro Person; der Preis ist seit einigen Monaten festgelegt und überall gleich. Die Teststationen finden sich an jeder zweiten Ecke, man geht einfach vorbei.

Man beachte das Überwachungshandy links

Jedenfalls sind die täglichen Coronatests eine gute Gelegenheit für ein bisschen Bewegung.

Die Sportlehrer unserer Kinder haben eine Schritt-Challenge gestartet: Alle Kinder sollen ihre durchschnittliche Schrittzahl pro Tag ermitteln. Der Coronatest trägt derzeit die meisten Schritte bei.

Aber die wichtigste Zahl des Tages ist natürlich die Zahl der Neuinfektionen. Sie schwankt um etwa 50 pro Tag. Noch spannender ist die Zahl der neu gefunden Infektionen „in the wild“ – also derer, die noch nicht in Quarantäne sind. Weiterhin werden alle, die mit einem Infizierten direkt oder indirekt Kontakt hatten, großflächig in Quarantäne geschickt. So kommt es zu den Bildern, die man im Fernsehen sieht: Wohnanlagen, die abgeriegelt werden, weil dort ein Infizierter gefunden wurde. Die meisten Neuinfektionen finden sich daher logischerweise bei Menschen, die bereits in Quarantäne sind und niemanden mehr unbemerkt anstecken können. Der Virus verbreitet sich von ihnen also auch nicht weiter aus, die Infektionskette wird gestoppt. Nur Menschen, die sich weiterhin in der Stadt bewegen, können andere unbemerkt anstecken, also ist diese Zahl die entscheidende. Erst wenn sie dauerhaft auf 0 ist, ist der Virus wieder eingefangen und können die Maßnahmen gelockert werden. Derzeit sind es mal 2, mal 5 Infektionen „in the wild“ pro Tag (bei 22 Millionen Einwohnern, die fast täglich alle durchgetestet werden…). Vor zwei Tagen waren es 8, daher die neuen Einschränkungen mit Homeoffice und Schließungen der Parks.

Oben die Zahlen für ganz Peking, unten die gefundenen Infektionen „in the wild“,
also außerhalb von Quarantäne.
Erst wenn diese Zahl wieder 0 ist, ist Corona wieder unter Kontrolle.

Uns ist das alles recht, solange die Stadt nicht als Ganzes in den Lockdown geht.

Es bleibt weiter auf der Kippe und unser Keller wird regelmäßig neu befüllt, so wie die Vorräte auch wieder schwinden. Shanghai ist weit weg. Wir hoffen, das bleibt so.

So oder so, in ein paar Jahren wird es eine weitere Ankedote unseres Abenteuers sein…

Seid herzlich gegrüßt!

Simone

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