… oder unsere erste Auslandsreise aus China (Teil 1)
Bericht 59 aus China vom 29. Januar 2023. Geschrieben von Michael.
Die Corona-Beschränkungen in China sind Geschichte und das Neujahrsfest nach dem Mondkalender (manchmal Chinese New Year genannt, obwohl es auch in anderen Ländern wie Korea oder Indien gefeiert wird) stand vor der Tür. Eine Woche Ferien, die wir nutzen wollten. Und hunderte Millionen von Chinesen auch, die zum Teil zum ersten Mal nach drei Jahren wieder in ihre Heimatstädte fahren konnten. Aufgrund des von uns erwarteten Reisebooms in China haben wir uns überlegt, Urlaub außerhalb Chinas zu machen.
Wir waren also in Kambodscha.
Wenn man nach Kambodscha reist, ist der Höhepunkt schlechthin natürlich Angkor Wat und die riesigen Tempelgebiete um Angkor Wat herum.
Wie soll ich sagen: Ich habe selten etwas Beeindruckenderes gesehen.
Mir fällt vergleichbar nur Venedig ein. Mir fehlen die Worte das zu beschreiben. Stattdessen erstmal ein einzelnes sparsames Bild:

Vielleicht finde ich noch Muse und Worte über die Tempel zu schreiben, aber das können andere wahrscheinlich besser.
Mein erster Eindruck in Kambodscha war, dass man gleich viel freier atmen kann.
Sicher ist das zu einem großen Teil Einbildung, aber einige Unterschiede sind sichtbar: Man braucht kein VPN, um ins Internet zu kommen. Die Leute reden offen mit uns und sagen ihre Meinung, mir scheint auch ihre politische Meinung; allerdings ist uns die aktuelle kambodschanische Innenpolitik irgendwie nicht so geläufig. Man sieht auch Reklametafeln von unterschiedlichen Parteien. Das Land wirkt sehr, sehr bunt. Überall gibt es bunte Reklamen. Auch die Häuser sind sehr, sehr bunt und die modernen Tempel sowieso.

Wenn man reist, hat es ja auch viel mit Transport zu tun und deswegen erzähle ich euch in diesem Bericht ein bisschen was über Transport. Passt ja auch zu meinem Beruf. Kambodscha ist ein armes Land. Nur die Hauptstraßen sind geteert, Nebenstraßen sind Erdstraßen:

Die Leute sind manchmal auf Fahrrädern und noch viel häufiger auf Leicht-Motorrädern (125 ccm oder 150 ccm) unterwegs. Wir haben wahnsinnig viele leicht Motorräder und Mofas gesehen.
Kleine Motorräder sind offensichtlich relativ günstig. Fußgänger sieht man tatsächlich selten. Was in den Städten wahrscheinlich daran liegt, dass es sehr unangenehm ist, als Fußgänger unterwegs zu sein und außerhalb der großen Städte die Entfernungen zu groß sind, um zu Fuß zu gehen. Die meisten Häuser außerhalb der Städte haben nämlich etwas Land drumherum, so dass die Abstände zwischen den einzelnen Häusern eher groß sind. Kambodscha ist ein wirklich armes Land und trotzdem sieht man überall Fahrzeuge. Mobilität ist für die meisten Menschen offenbar eines der wichtigsten Ziele. Wir haben unglaublich viele Verkaufsstellen für Leichtmotorräder gesehen. Ganze Straßen voll mit Mofaläden. Und in jedem Motorrad- und Mofaladen stehen Dutzende von Motorrädern.

Eines unserer Hotels in Phnom Penh lag in einer Straße, in der offenbar die Motorrad- und Mofa- Verkaufs- und Reparaturbetriebe einen Schwerpunkt hatten. Man kann dort verschiedene Stufen erkennen: Die einfachsten Reparaturbetriebe bestehen aus einem Mann mit ein paar Werkzeugen, der am Straßenrand seine Dienste anbietet und Motorräder repariert. Dann gibt es andere, die einen Schuppen mit Ersatzteilen im Rücken haben …

… und es gibt richtige überdachte Werkstätten in Gebäuden. Bei der Vielzahl der Anbieter habe ich mich gefragt, wie man denn entscheidet, zu wem man geht, um sein Motorrad reparieren zu lassen.
Die Motorräder sind gängiges Transportmittel, sowohl für Personen als auch für Waren. Man sieht – wie in China auch – vielköpfige Familien auf einem Motorrädchen sitzen. Um die Transportkapazität der Motorräder zu erhöhen, werden Anhänger angekuppelt. Der Anhänger für den Personentransport ist gut für ungefähr vier Westler oder auch bis zu sechs einheimische Passagiere.

Der Anhänger für den Warentransport besteht aus einem langen Stahlgestell, auf das alle möglichen Waren aufgeladen werden können. Die Länge der Anhänger ist bisweilen ziemlich imposant.

Je nach Motorisierung des Zugfahrzeugs sind die Fahrzeuge dann sehr unterschiedlich schnell unterwegs. Bei einer Fahrt hatten wir mal das Pech, dass das vorgespannte Motorrädchen recht klein (125 ccm) und vor allem altersschwach war. Wir saßen zu viert hinten im Anhänger und die Fuhre kam nicht so richtig in Schwung, so dass uns auch die Fahrradfahrer überholt haben.
Um das Bild zu komplettieren muss man sagen, dass wir in Phnom Penh auch sehr teure Autos gesehen haben: mehrere Rolls-Royce, Mercedes, sehr teure BMWs, Bentleys, Lamborghinis, Ferraris.

Offenbar gibt es auch eine reiche Oberschicht in Phnom Penh. Überhaupt ist die kambodschanische Hauptstadt eine aufstrebende Stadt.

Außerhalb Phnom Penhs wird es rustikaler. Da sind die teuersten Autos, die man so sieht, in der Regel große japanische SUVs, Toyotas und Lexus.
Wir sind mit einem Kleinbus zurück von Siem Reap (dort wo Angkor Wat ist) nach Phnom Penh gefahren. Die Fahrt kostet 15 $ pro Person. Die Dame im Hotel, die uns beim Buchen behilflich war, empfahl uns einen Anbieter, der die luxuriösesten Kleinbusse habe und sie sagte, dass der Bus voraussichtlich nicht komplett gefüllt sei. Wir waren also ganz entspannt. Bei der Losfahrt war der Kleinbus auch noch nicht ganz voll. Der Bus hatte 16 Plätze und wir waren ungefähr 14 Leute.
Das Problem war nur: Es gab kein Platz für das Gepäck. Das Gepäck musste also unter den Sitzen im Fußraum und sonst wo verstaut werden. Wir sind schon recht beengt losgefahren. Im weiteren Fahrverlauf stiegen dann noch fünf weitere Personen zu. Auch für die musste Platz gefunden werden und natürlich für ihr Gepäck. Und für den Hahn, den einer der Mitreisenden in einem großen Pappkarton mitführte. Zu Beginn der Fahrt haben wir noch gewitzelt, dass dies der beste Busanbieter sei, da keine Tiere mitreisen. Bis plötzlich ein deutliches Krähen zu hören war. Zunächst mal haben wir irritiert gedacht, dass jemand einen sehr innovativen Klingelton am Handy habe. Aber nein, es war ein lebendiger Hahn in einer Karton-Box. Alles in allem war die Fahrt aber durchaus angenehm, angenehmer als man zu Beginn erwarten musste. Die Leute sind nämlich ziemlich rücksichtsvoll.
Zwischendurch musste mal ein Fahrgast aussteigen. Und er wollte sein Gepäck aus dem kleinen Kofferraum rausnehmen. Dummerweise war die Kofferraumklappe gerade kaputtgegangen und nicht mehr zu öffnen. Wir haben also eine Weile an einer Kreuzung gestanden, bis das Gepäck durch den Innenraum ausgeladen war. Vielleicht so 10 Minuten haben wir an der Kreuzung gestanden. Diese 10 Minuten haben gereicht, um einige sehr interessante Dinge zu sehen und zu fotografieren:
Als erstes der folgende Lastwagen. Ein Modell, was ich so noch nie gesehen habe. Ich bezweifle auch, dass er wirklich von Nissan ist.

Der nächste war allerdings noch wilder. Der Fahrer hat sich selber durch einen Motorradhelm geschützt. Der Beifahrer braucht ihn offenbar nicht.

Schön war auch der das Rind, das die Kreuzung besucht hat. Es ist in den Handyladen gegangen, war aber offenbar mit der dort angebotenen Auslage nicht zufrieden. Kam schnell wieder raus aus dem Handyladen.

Häufig sieht man auch einachsige Landwirtschaftsgeräte, die mit einer Ladefläche verbunden einen Kleinlaster ergeben.

Und es gibt ganz kurze Lastwagen, die vorne die Achse eines Leicht-Lkw haben und hinten unter der Ladefläche eine Heavy-duty-Achse. Unbeladen steht das Fahrzeug etwas schief, wenn die Ladefläche beladen ist, passt es wieder.

Warum die Lkws so kurz sind, weiß ich nicht genau, vielleicht gibt es eine ähnliche Führerscheinregelung wie in China, dass man Lkws, die kürzer als 6 m sind, ohne Lkw-Führerschein fahren darf.
Und zu guter Letzt noch dieses nette Foto von einem fahrenden Geschäft. Alles an Bord, was man braucht.

Ich hoffe, dass ihr auch immer alles an Bord habt, was ihr braucht,
vor allen Dingen frohen Mut und gute Laune!
Euer Michael
