Sightseeing in PEKING – „Nationale“ Sehenswürdigkeiten

Bericht 64 aus China. Geschrieben im Mai 2023 von Michael.

In Peking gibt es wahnsinnig viel zu sehen. Wir finden immer wieder Sehenswertes, ganz unabhängig davon, dass es sich lohnt viele Plätze ein zweites oder drittes Mal zu besuchen: Es ändert sich immer was, sei es das Wetter, die Jahreszeit oder sogar die Bebauung. Gebaut, umgebaut und abgerissen wird immer viel.

Heute will ich von zwei Sehenswürdigkeiten berichten, bei denen wir schon vor einigen Monaten waren und die (zumindest für Ausländer) nicht ganz in der ersten Reihe stehen. Das hat aber vielleicht den Vorteil, dass sie „ehrlicher“ sind. Die ganz großen Sehenswürdigkeiten, auf die jeder (auch das Ausland) guckt, sind vielleicht an der ein- oder anderen Stelle etwas weichgespült, insbesondere was den speziellen Blickwinkel und die imperialen Ambitionen des modernen Chinas anbetrifft. Was ich damit meine? Schaut selbst den folgenden Bericht aus dem China Museum of Art und dem Temple of Ancient Monarchs an.

Zeitgenössische chinesische Kunst im Museum

Das National Art Museum of China (NAMOC) legt einen Schwerpunkt auf zeitgenössische chinesische Kunst. Es gibt wohl auch ältere Exponate, aber als wir dort waren, war das gesamte Museum einer Sonderausstellung gewidmet: des dreizehnten chinesischen Kunstfestivals mit dem Titel: „Nationale Ausstellung hervorragender Kunstwerke“.

Die Werke dieser Ausstellung beschäftigen sich überwiegend mit Themen, die von Regierungsseite als wichtig betrachtet werden und die in den öffentlichen Medien und der Propaganda gerne behandelt werden. Es gibt eine ganze Reihe von Themen und technischen Errungenschaften, die die chinesische Regierung mit viel Energie vorantreibt und die in den öffentlichen Medien gerne und ausführlich besprochen werden. Vereinzelt gab es auch Abstraktes oder Szenen des Alltags in den Kunstwerken. Die Bilder in dieser Ausstellung waren größtenteils gerahmt, wie man das aus dem europäischen Kulturraum kennt. Ich habe auf meinen Abbildungen hier die Rahmen in der Regel weggeschnitten, damit das Motiv größer ist und besser zur Geltung kommt.

Ein typisches Thema, das in der offiziellen chinesischen Öffentlichkeit viel Raum einnimmt und positiv konnotiert ist, ist das Militär. Solche Bilder befremden die meisten westlichen Betrachter vermutlich eher:

Unter den militärischen „Errungenschaften“ genießt der erste Flugzeugträger Chinas viel Aufmerksamkeit. In den nächsten Jahren will China noch einige weitere Flugzeugträger in Betrieb nehmen. Hier eine Szene vom Flugzeugträger Liaoning im photorealistischem Malstil. Dieses Bild ist im Original 6 Meter mal 2.2 Meter.

Nicht nur dieses, sondern auch viele andere Gemälde, die die chinesischen Errungenschaften glorifizieren, sind großformatig ausgeführt. Es geht offenbar darum zu beeindrucken. Es geht um Größe und Macht.

Neben dem militärischen Flugzeug- und Flugzeugträgerbau bemüht sich Peking seit geraumer Zeit großer Verkehrsflugzeuge an den Start zu bringen. Das folgende Gemälde thematisiert den chinesischen Verkehrsflugzeugbau.

Das in China entwickelte Verkehrsflugzeug C919 hebt allerdings bis heute nicht so richtig ab. Das Flugzeug ist, soweit ich weiß, wohl im Prinzip fertig entwickelt, allein die Fluggesellschaft, die es im Linienbetrieb einsetzt, fehlt derzeit noch. Aber ich bin sicher, das ist nur eine Frage der Zeit, bis die erste chinesische Fluglinie dieses Fluggerät betrieben wird. Deutlich erfolgreicher ist man bei einem anderen Verkehrsträger: dem Schnellzug. Das Schnellzugsystem Chinas ist das größte der Welt und das Schnellzugnetz mit topmodernen Bahnhöfen und die Schnellzugflotte sind ein Symbol des nationalen Aufstiegs. Auch dazu gibt es ein Kunstwerk, das als hervorragend eingestuft wurde.

Auch sehr stolz ist man in China auf das Raumfahrtprogramm. China unterhält eine eigene Raumstation mit sogenannten Taikonauten.

Ein bisschen bodenständiger und auch für den Rest der Welt unmittelbar bedeutsam ist der große Beitrag, den China zum weltweiten Handel beisteuert.  — Klar wird auch das von den regimetreuen Künstlern malerisch in Szene gesetzt.

Mehrere der regimetreuen Gemälde setzen sich auch mit Afrika und der chinesischen Hilfe in Afrika auseinander:

Und auf vielen Bildern immer wieder rote Fahnen. Man kann sich gut vorstellen, dass die Bäuerinnen beim Kühehüten und Futtersuchen gerne noch eine rote Fahne aufhängen und liebevoll drapieren, wie auf dem Gemälde gezeigt. Die rote Fahne, sowohl mit den fünf Sternen für China als auch mit Hammer und Sichel für die kommunistische Partei sind in China in der Tat im echten Leben (und auch auf den Kunstwerken) allgegenwärtig.

Verschiedene Kunstwerke waren auch Minderheiten gewidmet, die glücklich im großen chinesischen Reich leben. Natürlich darf Xi Jingping als Führer nicht fehlen: Damit man ihn erkennt, tragen alle um ihn herum dunkle Farben, nur er ein weißes Hemd. Man darf bezweifeln, dass Xi den Schirm im wahren Leben selber hält.

Die gezeigten Bilder orientierten sich, soweit ich das übersehen konnte, alle an Themen, die den Aufschwung und Aufstieg Chinas der letzten Jahrzehnte dokumentieren und feiern. Daneben gab es auch Werke mit ganz aktuellen, nahezu tagesaktuellen Themen. Auch Covid ist Thema; natürlich mit dem Unterton, dass die gewählte Covid-Strategie genau richtig war. Man beachte auch die große Fahne der Partei im Hintergrund der Covid-Worker.

Das linke der beiden Covid-Bilder zeigt eine Alltagsszene: Einem Lkw-Fahrer wird eine Probe für einen Covid-Test entnommen. Eine weitere Alltagsszene sind die Fahrradfahrer auf Leihfahrrädern, die in China allgegenwärtig sind. Die Leihfahrräder erkennt man an der niedrigen Rahmengeometrie, den Körbchen am Lenker und dem Schließmechanismus am Hinterrad.

Das letzte Bild, das ich Euch zeigen will, ist der LKW von innen. Wenn’s was mit Lkw zu tun hat, zeige ich Euch das ja gerne. Interessant ist hier, dass die Innenansicht einer Lkw-Kabine als kunstwürdig erachtet wird. Auch interessant ist die Fertigsuppe, die die Lkw-Besatzung gerade zubereitet. Diese Art von Fertigsuppen sind in China allgegenwärtig: In einem beschichteten, etwa einen Liter großen, breitem Pappbecher sind getrockneten Nudeln und ein paar Suppenzutaten. Weiterhin liegen zwei Beutelchen mit Kräutern und Würze und eine klappbare Plastikgabel in dem Becher bereit. Der Becher ist mit Alufolie verschlossen. Zum Zubereiten der Suppe öffnet man den Aludeckel vorsichtig – idealerweise bleibt er an einer Seite am Becher dran -, man fügt Kräuter und Würze aus den Beutelchen nach eigenem Gusto hinzu und schüttet anschließend heißes Wasser in den Becher. Mit dem Aludeckel wird der Becher wieder verschlossen. Der Profi benutzt die klappbare Plastikgabel, um den Aludeckel wieder auf dem Suppenbecher zu verschließen. Dann wartet man ein paar Minuten und die Suppe ist verzehrfertig.

Temple of Ancient Monarchs

And now to something completely different, was aber doch irgendwie mit den Motiven und dem Geist der zeitgenössischen Kunst verwandt ist: dem Temple oft ancient monarchs oder auf Deutsch dem Tempel der altehrwürdigen Monarchen. Ich habe leider nicht so furchtbar viele Fotos von den Erklärungstafeln gemacht, da mir erst im Laufe des Rundgangs klargeworden ist, wie interessant das eigentlich ist. Am Anfang läuft man schmunzelnd oder Schulter zuckend weiter, aber de facto sagt dieses Museum viel über das Selbstverständnis der offiziellen chinesischen Kulturpolitik aus.

Der Tempel ist in den Zweitausender Jahren renoviert und wie es scheint mit der heutigen Ausstellung versehen worden. Er ist mythischen Kaisern gewidmet, die in der chinesischen Frühgeschichte angesiedelt sind. Interessant ist, dass die heutige chinesische Lesart der Geschichte sich ganz eindeutig auf die feudale Kaiserzeit bezieht. Das heutige China sieht sich (wieder?) als direkte Nachfolge der chinesischen Kaiserreiche. Eine Abgrenzung / der Gegensatz zwischen moderner kommunistischer Gesellschaft und der alten feudalen Struktur, die ja von den kommunistischen Kämpfern bekämpft und besiegt wurde, nehme ich nicht mehr war.

Der Tempel, der in den 2000er Jahren neu wiedererrichtet wurde, versucht zu erläutern, dass China seit 5000 Jahren eine ununterbrochene Nation ist. Das ist der chinesischen Regierung sehr wichtig: das heutige China als Nachfolger der alten Kulturräume auf dem heutigen chinesischen Territorium anzusehen. In diesem Tempel werden aus dieser Erzählung keine Schlussfolgerung gezogen, an anderer Stelle aber schon.

Den namensgebenden „Ancient monarchs“, auf Deutsch „altehrwürdigen Monarchen“, werden in diesem Tempel gehuldigt. Einer davon hat den Fischfang und das Jagen erfunden. Ein anderer hat den Pflug und die Landwirtschaft erfunden. Ein dritter war vielseitiger: Er hat die Musik, die Schriftzeichen, Transportfahrzeuge, Medizin und Arithmetik erfunden. Bei den Verdiensten wird er summarisch als der Erfinder der menschlichen Kultur gefeiert: The founder of human culture! Übrigens: Nudeln und Pizza haben die Chinesen auch erfunden.

Nach so vielen staatstragenden Sehenswürdigkeiten zum Schluss noch eine profanere Sehenswürdigkeit: FUSSBALL. Die chinesische Profiliga war für ein paar Jahre im Höhenflug. Es gab Anfang der 2010er Jahre das Ziel der chinesischen Führung, bis 2050 zur globalen Supermacht im Fußball aufzusteigen. Viel Geld wurde in die chinesische Superleague investiert. (Alternde) Weltstars und Trainer aus der ganzen Welt wurden verpflichtet. Die Boom-Jahre waren 2015 bis 2017. Dann kam ein bisschen Missmanagement auf und es ging etwas bergab. Covid19 hat den bergab-Trend dann zur bergab-Lawine gemacht. Die Ausländer waren alle weg, die Spiele fanden ohne Zuschauer statt und die Sponsoren blieben aus. Ein zusätzlicher Nackenschlag war der finanzielle Zusammenbruch der Evergrande-Gruppe, der es ja auch in die deutschen Nachrichten geschafft hat: Evergrande war einer der größten Sponsoren für und Investoren in den chinesischen Fußball. Im Mai 2022 hat die chinesische Führung zusätzlich noch bekannt gegeben, dass der Asian Cup, die Asienmeisterschaft für Nationalmannschaften, nicht wie geplant 2023 in China stattfinden kann. Offiziell wohl wegen Covid. Es war wohl auch zu erwarten, dass die Leistungen der Heimmannschaft nicht unbedingt für Begeisterungsstürme gesorgt hätten. Der chinesische Profifußball liegt also jetzt in Scherben und der Asian Football Cup AFC wird Anfang 2024 in Qatar ausgetragen.

Als wir uns entschieden haben nach China zu gehen, habe ich noch damit gerechnet, hochwertigen Fußball in China zu sehen. Ich habe mich also gefreut und mir vorgenommen, chinesischen Profifußball anzuschauen. Ging aber nicht, wegen Covid. Erst seit April dieses Jahres spielt die Profiliga wieder vor Zuschauern. Und wir waren da.

Das Beijing Workers Stadium und die Atmosphäre waren absolut auf Bundesliganiveau.

Ich wünsche Euch freie Kunst und dass der VfB in der Bundesliga bleibt…

Bis dann

Euer Michael

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